Monika Schwarz-Friesel, Mai 2024

von Nicole Horn

18. Mai 2024

Rede im Österreichischen Parlament

Sigmund Freud und das Bilderverbot

von Nicole Horn

05. Dezember 2023

„Der Mann Moses und die monotheistische Religion“ ist das letzte zu Lebzeiten publizierte Buch Sigmund Freuds, eine Art Vermächtnis: herausgegeben 1939 in Freuds Londoner Exil, in welches der zwar bewusste – sich selbst aber stets als Atheisten bezeichnet habende – Jude Freud Juni 1938 emigrieren musste bzw. konnte.

„Der Fortschritt in der Geistigkeit“ lautet die Überschrift des dritten Abschnitts (von insgesamt acht Abschnitten), in welchem Freud die Ergebnisse seines „Der Mann Moses“ zusammenfasst.
Der Ägyptologe und Kulturwissenschaftler Jan Assmann in seinem Essay „Der Fortschritt in der Geistigkeit. Sigmund Freuds Konstruktion des Judentums“ [erschienen in: Psyche. Zeitschrift für Psychoanalyse und ihre Anwendungen (Hrsg. von Werner Bohleber), LVI. Jahrgang, Heft 2, Februar 2002, S.154ff.] dazu: „Mir scheint, dass es Freud (…) darum ging, die ‘Mosaische Unterscheidung‘ in der Form des Bilderverbots als eine entscheidende, unaufgebbare und überdies als eine zutiefst jüdische Errungenschaft darzustellen, an der es unter allen Umständen festzuhalten gilt, und dass sich seine eigene Psychoanalyse geradezu als die Fortführung dieses jüdischen Fortschritts verstehen konnte.“ Und Assmann dann weiter: „Für Freud bedeutete dieses ‘mosaische Verbot‘ den Durchbruch in eine neue Welt. ‘Es eröffnete sich das neue Reich der Geistigkeit‘. Die Verwerfung der Bilder (und damit die Verwerfung von Magie, Anm. d. Verf.), und nur sie, erschloss den Zugang in das Reich des Geistes.“

Die Verbindung von Bildlosigkeit mit Ethik beziehungsweise von Idolatrie mit Gesetzlosigkeit war für Freuds Denken zentral. Der Fortschritt in der Geistigkeit bestand für Freud in der allmählichen Entstrickung des Menschen aus den Zwängen der Idolatrie. Kurz: Sigmund Freud verstand das Bilderverbot als des Menschen Streben nach geistiger Befreiung.

Gleichzeitig erkannte wie benannte Freud aber auch das jüdische Festhalten an eben diesem biblischen Bilderverbot als eine der Wurzeln des christlichen Antijudaismus [das Christentum war für Freud zu den Bildern, zu magischen Riten (vor allem zum Opferritus der Totenmahlzeit) zurückgekehrt – für Sigmund Freud eben ein eindeutiger Rückschritt in der Geistigkeit].

85 Jahre Novemberpogrom

von Peter Daniel

08. November 2023

Die Nacht vom 9. zum 10. November 1938, in der die Nationalsozialisten mit direkten Brandaktionen gegen jüdische Institutionen in Deutschland wie Österreich („Ostmark“) eine neue Stufe der Judenverfolgung betraten, wurde von den Nazis ironisierend – nach dem in dieser Nacht zertrümmerten Glas – „Reichskristallnacht“ oder einfach „Kristallnacht” genannt.

Nicht zuletzt auf Initiative des NS-Chefpropagandisten Goebbels zerstörten im Zuge dieses Novemberpogroms – unter dem Deckmantel sogenannter „spontaner Kundgebungen” – nationalsozialistische Schlägertrupps jüdische Wohn- wie Geschäftshäuser, Friedhöfe und vor allem Synagogen. Jüd*innen wurden ermordet oder in den Suizid getrieben und tausende Jüd*innen wurden interniert: Dies waren die ersten Massenverhaftungen bloß ob ihres Jüdisch-Seins – eine Zäsur.

uns alle

von Nicole Horn

05. Oktober 2023

Auf die Frage, wen denn überhaupt die Erinnerung an den Holocaust etwas anginge, findet die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann die bestechend schlichte Antwort: uns alle. Und auf die Frage „Wer erinnert?“ ist ihre Antwort: „Diese Gruppe ist unbegrenzt.“ (Aleida Assmann, Der lange Schatten der Vergangenheit, 4. Auflage 2021, S. 256). Denn der Holocaust ist eben ein Menschheitsproblem.

Zivilisation und Barbarei

von Nicole Horn

26. September 2023

"Auschwitz kam nicht aus dem Dschungel, nicht aus der Steppe. Die Barbarei überfiel den modernen Menschen im Zentrum der Kultur, der Künste, der universellen Bildung und des naturwissenschaftlichen Wunders. Nur wenige Kilometer entfernt von einigen der schönsten Museen, Bibliotheken, Konzertsälen verpestete Dachau die Luft. Männer, die bei Tage folterten, Kinder erhängten, lasen abends Rilke, hörten Schubert. Das ist ein ontologisches Rätsel, das Mysterium (…) des Bösen und es stellt für mich die Zukunft des Menschen überhaupt in Frage." [George Steiner, Sprache und Schweigen. Essays über Sprache, Literatur und das Unmenschliche, 1969]